Ich mag mich noch gut an den Tag vor etwa fünf Jahren erinnern. Ich ging damals in das Büro meines ehemaligen Chefs, um etwas mit ihm zu besprechen. Auf der Ablage eines kleinen Büroschranks lag neu, neben einigen Magazinen, eine orange-rote Schärpe mit einer kleinen Pfanne. Ich fragte, was die Bedeutung hinter dieser Schärpe sei. «Ich wurde in die Vereinigung der Disciples Escoffier aufgenommen», antwortete er mir damals. Aufgrund der Dienste, die er für die Förderung in der Schweizer Gastronomie geleistet hat, absolut verdient.
Zu denken, dass ich ebenfalls eines Tages in diesen Verein aufgenommen werde, war damals absolut illusorisch für mich.
Zu Tisch
Jeder trägt seine Altlasten mit sich. Meine habe ich sozusagen mit zu Tisch gebracht. Denn als introvertierte Person stehe ich nicht gerne im Rampenlicht. Ob ich nun über ein Thema Auskunft geben sollte, über das ich Bescheid weiss, oder (noch schlimmer) über mich selber reden soll, spielt dabei keine Rolle. Darum war es ein Ding der Unmöglichkeit für mich, mit mir noch unbekannten Menschen an einem Tisch zu setzen, um gemeinsam ein mehrgängiges Menü zu geniessen und dabei noch ein unbeschwertes Gespräch zu führen. Zu gross waren meine Befürchtungen, negativ aufzufallen, als das ich eine solche Situationen geniessen hätte können.
Verändern ohne Muster
Seither ist viel passiert. Alte Arbeitsverhältnisse wurden beendet und neue gestartet. Kundenbeziehungen abgebrochen und neue aufgebaut. Angebote gestellt, überdenkt, abgelehnt, aber auch angenommen. Und irgendwo zwischen all den geleisteten Stunden Aufbauarbeit, den Branchenanlässen und unzähligen, geschriebenen Worte hat sich auch etwas in mir verändert. Der Gedanke, dass ich nicht gleich sein muss wie die anderen. Dass ich keinem Muster entsprechen muss. Weil ich nur das sein muss, was ich bin. Weil jeder von uns so gut ist, wie er, sie oder es ist.
Im Rampenlicht stehe ich immer noch nicht gerne. Doch geniesse ich mittlerweile bei gutem Essen und hervorragendem Wein über die Branche, mein Fachwissen und auch über mich selbst zu philosophieren.
Bei den Disciples Escoffier kann jeder so sein wie er ist
Bevor die Generalversammlung der Disciples Escoffier los ging, haben Nadia und ich noch mit Jean Claude Schmocker gesprochen. Seines Zeichen neuer Vizepräsident der Disciples Escoffier Schweiz. Er sagte zu uns, dass es so viele unterschiedliche Vereine gibt in der Schweiz: «Aber hier kann jeder so sein, wie er ist und das ist das Schöne an den Disciples Escoffier». Kurze Zeit später begann die Generalversammlung und mit ihr schon bald meine Inthronisierung. Nach einer herzlichen Laudatio meiner Geschäftspartnerin Nadia war es dann so weit. Der frisch in sein Amt erhobene Präsident Thierry Fischer schwang den Holzlöffel gegen meine Schultern und nahm mich so in die Vereinigung auf. Dies inklusive einer blauen Schärpe, die mich als «Epicurien» offenbart. Ich bin dort angekommen, wo ich noch vor einigen Jahren nicht gedacht hätte, je stehen zu können. Und ich freue mich wahnsinnig darauf, für die Disciples Escoffier und für die Gastronomiebranche weiter tätig zu sein.